Der Fluss – Die Lieder der Lebenden, die Lieder der Toten
Die Inszenierung
Ein orphischer Theater-Essay in 6 gesungenen Sprachen
von Peter Wagner / Musik und Arrangement: Ferry Janoska
Uraufführung
Premiere: 31.10.2013, Offenes Haus Oberwart
Mitwirkende: Barbara Horvath, Eveline Rabold, Sandra Selimovic, Philipp Eisenmann, Marco Blascetta, Tamás Hompok, Agata Siemaszko sowie das „Ferry Janoska Ensemble
Erzähler- und Sprecherstimmen:
Elizabeth Hausmann-Farkas, Barbara Horvath, Helmut Schoretits, Gideon Singer, Josko Vlasich, Peter Wagner
Video-Technik und Einspielungen: Georg Müllner - Live-Sound: Otmar Weber (2013), Christoph Halper (seit 2014) - Licht: Alfred Masal - Bauten: Herbert Polzhofer - Büro: Bettina Benedek – Regieassistenz: Robert Koukal - Produktionsleitung: Alfred Masal
Organisation Chöre (2013): Karin Ritter - Beratung mehrsprachiges Liedgut: Sepp Gmasz, Karin Ritter, Marianne Seper, Jelka Zeichmann-Kocsis, Christiane Fennesz-Juhasz, Georg Kusztrich
Bühne, Licht/Videokonzept und Regie: Peter Wagner
Eine Produktion des Offenen Hauses Oberwart
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Stück >>
Interview mit Peter Wagner
zu "Der Fluss" und "Kreuzigungen. Ein Triptychon - Roman in drei Richtungen" (Auszug)
Wie kam's zu dem "Fluss"-Projekt?
Ich wurde vor gut einem Jahr von der Kuratorin des heurigen kulturellen Jahresschwerpunktes "Burgenland singt" angesprochen: Man wollte eine "Oper", konnte mir aber nicht erklären, was man darunter zu verstehen habe. Da ich ja bei der Recherche zu meiner Romansatire "Die Burgenbürger" immer wieder auf bemerkenswerte Aspekte der burgenländischen Volksgruppen bzw. der Mehrheitsbevölkerung gestoßen bin, war es für mich naheliegend, mir nun auch die Lieder der Sprachgemeinschaften etwas genauer anzusehen. Da waren dann doch so viele spannende, ja dramatische Entdeckungen gerade bei jenen Liedern, die mehr oder weniger dem Vergessen anheimgefallen sind, dabei, dass ich mich entschloss, diese mit eigenen und Texten anderer Autoren zu einem Theater-Essay zu verweben.
Wichtig war mir, den gängigen Klischees, die die Volksgruppen immer wieder auch von sich selbst entwerfen, entgegenzuarbeiten und eben nicht eine Art gesungenen Heimatabend entstehen zu lassen. Allerdings wollte ich für die Inszenierung sehr wohl, dass die InterpretInnen einen direkten Bezug zu diesem Land, das ich weniger als klassisches Grenz- denn als Schwellenland bezeichne, haben. Nun war das bei der jüdischen Volksgruppe nicht möglich, weil es im Burgenland seit 1938 keine Juden mehr gibt. Deren Lieder hat dann, in einer Art kollektiver Verbeugung, das Gesamtensemble übernommen. Auch im Falle der Roma taten wir uns schwer, weil ja diese Volksgruppe wirklich sehr klein (obwohl extrem rührig) ist und ich hier niemanden finden konnte, der meinen Ansprüchen stimmlich und schauspielerisch gewachsen gewesen wäre. Hier haben wir mit Sandra Selimovic eine wiener Romni mit serbischen Wurzeln gefunden (die im übrigen vor kurzem einen Integrations-Preis in Wien erhalten hat). Die anderen Volksgruppen sind aber mit Barabara Horvath (ungarisch), Marco Blascetta (kroatisch), Eveline Rabold und Philipp Eisenmann (deutsch und deutsch-mundart) sozusagen original besetzt, was denn auch zu einer tatsächlichen Authentizität der Liedinterpretation auf der Bühne geführt hat.
Für das Arrangement hatte ich von Anfang an den in Neusiedl am See lebenden Komponisten Ferry Janoska im Visier. Er ist als slowakischer Rom mit ungarischer Muttersprache, der nach abenteuerlicher Flucht als 12jähriger in Österreich am Konservatorium studiert hat und seitdem für die Wiener Philharmoniker genauso arbeitet wie für die Sängerknaben und Rainhard Fendrich, ein echter Kosmopolit der Musik. Ich war dann doch erstaunt, dass er sich für die live gespielte Musik eines Streicherquintetts bedient. Was er allerdings in Verbindung mit Keyboard und Samples daraus macht, ist ein eigener musikalischer Kosmos, der dem Publikum nach aller bisherigen Erfahrung ziemlich nahe geht.
Die Doppel-CD "Der Fluss - Die Lieder der Lebenden, die Lieder der Toten" zur Produktion ist unter folgendem Link erhältlich: CD-Bestellung >>
Pressestimmen
Musikalische Liebeserklärung
Burgenländische Volkslieder spielen derzeit die Hauptrolle im Offenen Haus Oberwart. Unter der Regie von Peter Wagner ist im OHO mit "Der Fluss", einer Theatercollage, eine Art musikalischer Liebeserklärung an das Burgenland entstanden.
"Burgenland singt" jetzt auch im OHO. Als Rahmenprogramm treten in Peter Wagners neuem Stück Chöre aus der Umgebung auf. Bei der Premiere kommen die jungen Stimmen aus Oberschützen.
Ein Streicher-Ensemble hinter einem durchsichtigen Vorhang, darauf Videoprojektionen und Zuspielungen aus literarischen Texten und Lebenserinnerungen. Das ist der schlichte theatralische Hintergrund für Lieder der Kroaten und Ungarn, der Roma, der Roma und Deutschen. Der Komponist Ferry Janoska hat sie modern und unsentimental arrangiert.
O-Ton Ferry Janoska: "Schon vor ein paar Jahren habe ich recherchiert, was es da für Volkslieder gibt, da habe ich ja die Idee schon gehabt, musikalisch etwas in diese Richtung zu machen. Aber ich habe damals gedacht, eigentlich bin ich nicht so begeistert. Aber der Peter (Wagner) hat mich dann überzeugt, dass es ja doch eine wunderbare Volksmusik im Burgenland gibt."
Die ausgewählten Lieder werden oder wurden früher alle im Burgenland gesungen. Ausdrucksstarke Sängerinnen und Sänger, eindringliche, zu Herzen gehende Melodie, Lieder, die auch von Vertreibung und Vernichtung erzählen. Peter Wagners melancholische Liebeserklärung an das Burgenland ist fern von flacher Folklore und will auch nicht oberflächlich Identität stiften.
O-Ton Peter Wagner: "In Wahrheit geht es doch immer darum: Wie fühlt sich der einzelne, wie singt er das Lied seines Lebens. Das hat oft mit Identität zu tun, aber oft auch nur mit einer Hingabe. Das ist in jeder Volksgruppe etwas anders gefärbt - und im großen Bogen dann doch wiederum sehr identisch."
"Der Fluss - Die Lieder der Lebenden, die Lieder der Toten" wird bis 10. November im OHO gezeigt, danach in Großwarasdorf, Eisenstadt und Wien. Zur gestrigen Premiere gab´s stehende Ovationen vom Publikum.
Eva Hillinger, ORF-Burgenland