Entscheidungsspiel.
Ein Fußballdrama
Die Inszenierung
Filmpoem von Peter Wagner / Literarischer Text: Siegmund Kleinl
99 min, HDV, Österreich 2008
Mitwirkende: SV Mattersburg Amateure / Allstars FC Magnat / Andere Begnadete
Kamera: Mario Minichmayr /
Musik: Rainier Paul / Regie- und Tonassistenz: Erich Steiner / Live- und Studioton: Herbert Kopitar
/ Schnitt: Max Leimstättner /
Live-Licht und Bauaufsicht: Alfred Masal / Produktionsassistenz: Ursula Tepperberg
Besonderer Dank an: Andreas Hackstock, die Spieler des SV Mattersburg Amateure, den Allstars des FC Magnat sowie dem SV Mattersburg für das Großzügige Entgegenkommen.
Produktion: Tourismusverband Mattersburg und Bgld. Landesschulrat
Offizieller Beitrag des Burgenlandes zur EURO 2008
Film >>
Das vielschichtige Unternehmen „Entscheidungsspiel“
In einem der Aufwärmsätze des Stücktextes heißt es: „Die Grenzen der Sprache eines Spielers sind oft die Grenzen seiner Leistung. Erweitert er seine Sprache, wird er sich auch als Fußballer weiterentwickeln.“ In diesem Sinne hat der Trainer und Germanist Andreas Hackstock einen Weg von der Literatur zu den von ihm trainierten Spielern des SV Mattersburg Amateure geebnet. Die großteils noch jungen Spieler scheuten denn auch nicht davor zurück, die komplexe, auf Wortbildern und -duellen basierende Sprache des Dichters in den Mund zu nehmen – und dabei in ein Abenteuer der eigenen Art zu schlittern. Verstärkt wurde es durch die in rund 30 Drehtagen entwickelte Konfrontation mit einer optischen Geschichtenwelt, durch die Regisseur Peter Wagner, inspiriert von Interviews mit den Spielern, sie führte. Die Uraufführung bietet eine Begegnung zwischen der Kunst des Wortes, des Bildes, der Musik, des Theaters – und eines unverhohlen gerade ins Leben gerichteten Blickes junger Männer, der sich täglich für das Eine entscheidet und doch für soviel mehr als dieses Eine: den Fußball.
Literatur und Fußball
„Entscheidungsspiel“ von Siegmund Kleinl ist das erste Fußballdrama in der Literatur. Es gibt Gedichte, Erzählungen, Romane und Essays zum Thema Fußball, aber kein Theaterstück. Bislang. Kleinl hat mit seinem 2008 erscheinenden Drama Neuland betreten, genauer: Grünland, ein Fußballfeld. Das Stück wird in einem Fußballstadion uraufgeführt. Auch das eine Premiere: Am 16. Mai 2008 beginnt um 21:00 Uhr das große Spiel von Literatur und Fußball im Pappelstadion in Mattersburg. Regie führt Peter Wagner. Er hat den Text des Stückes in einer Film-Theater-Installation umgesetzt, die eine künstlerisch eigenständige Entsprechung zum Theaterstück ist.
Aufwärmsätze für alle Literatur- und Fußballfans
1 In „Entscheidungsspiel“ kommt die Sprache zum Fußball und der Fußball entschieden zur Sprache. 2 Der Ball ist die Sprache. 3 Die Bewegung des Spiels geht von der Sprache aus. 4 Der Fußball als Sprachball bezieht die heutige Welt mit ein und wird so zu einem Weltereignis. 5 In den Sätzen, die die Spieler sprechen, wird beschrieben, was auf dem Fußballfeld und im Inneren der Spieler läuft. 6 Das Geschehen auf dem Fußballfeld sagt auch etwas aus über gesellschaftliche Verhältnisse. 7 Fußball und Literatur bilden keinen Gegensatz mehr. Sie spielen miteinander auf höchst möglichem Niveau.
Pressestimmen
Ein Stück, so groß wie ein Stadion
Was einen erwarten würde, wusste keiner so recht, als Literat Siegmund Kleinl und Regisseuer Peter Wagner zur Uraufführung ihres Fußballdramas „Entscheidungsspiel“ (das dazugehörige Buch ist in der „edition lex liszt 12“ erschienen) ins Mattersburger Pappelstadion baten. Dass das Stück dann beinahe zweieinhalb Stunden dauern würde, hatte das Publikum jedenfalls nichtz erwartet, konnte sich aber im Gegenzug nicht beschweren, dass es nicht viel zu sehen und zu hören bekam. Überdimensional war schon die Installation, die Bühne für Kleinls einzigartiges Fußballdrama: Hinter einer transparenten Leinwand, mitten auf dem Spielfeld – die Spieler (allesamt Kicker dr SV Mattersburg Amateure), die sich in schnellen Schnitten quasi durch ein ganzes Match, einen literarischen Kraftakt, lasen. Dass das Spiel zweier ungleicher Mannschaften („die Proleten“ gegen „die Kapitalisten“) schnell den Raum öffnete für Metaphern aller Art, ist nur natürlich: Und so war der Fußball bald Politik, Sexualität, bis hin zum Krieg, blieb aber immer auch Fußball. Als Schiedsrichter mittendrin – der Dichter, muss schlichten, leidet mit seinen Figuren, fiebert selbst dem Ausgang des Spiels entgegen, verteilt „nasenblutrote Karten“, als es zu Verletzungen kommt. Und dann spielt auch der Tod eine Rolle, und das Leben sowieso.
MW, BVZ
Rund 1000 Leute verfolgten verbales Fußball-Match
Theater am Spielfeld – Pappelstadion und viele Menschen, das ist gleichzusetzen mit dem Wort Fußball-Match.
So auch am Freitag Abend. Rund 1000 Zuschauer wollten beim „Entscheidungsspiel“ dabei sein. Angesagt war die Premiere eines Film- und Theaterstücks – mit ungewöhnlichen Mimen. Denn als solche fungierten die SV Mattersburg Amateure. Die Sportler saßen hinter einer transparenten Leinwand mitten am Spielfeld. Der Kampf zwischen zwei ungleichen Mannschaften wurde verbal ausgetragen: Was im Match und im Inneren der Spieler abläuft, wurde in Worte gefasst. Auf die Beine gestellt wurde das Stück als kreativer Beitrag zur EURO 2008.
Fundamente des lyrischen Projektes von Siegmund Kleinl bildeten sprachtechnische Feinheiten, literarische Tricks, harte Sprachduelle und poetische Angriffswirbel. Dabei symbolisierte für Kleinl die Sprache den Ball. „Fußball ist ein plyglottes Weltereignis. Das Spiel weckt Sehnsüchte nach Zielen und lehrt deren Erreichbarkeit. Das habe ich in Worte für den Alltag umgesetzt“, erläuterte der Autor.
Peter Wagner hat das Werk dann in filmische Szenen gestellt. „Durch das Verrücktsein im wahrsten Sinne des Wortes ist ein Werk geboren worden, das verbale Aspekte vom Geschehen auf dem Spielfeld in den uns bekannten Alltagssituationen der Menschen stets widerspiegelt“, sagt der Regisseur.
Doch zurück zur Stimmung am Freitag Abend. Was zunächst hinsichtlich des Geräuschpegels auf der Tribüne wie ein traditionelles Fußballspiel wirkte, entpuppte sich mit dem Start des Szenarios zum bewegenden Kunstgenuss.
Filmausschnitte, Sprechpassagen, Wortspiele und Spielworte – die Dialoge machten die Zuseher auch betroffen. „Ich bin fasziniert. Die vielen Gedanken, endlich einmal ausgesprochen, empfinde ich als recht dramatisch“, schilderte Monika Wukovitsch ihre Eindrücke. Und für Hans Lederer aus Oberwart war es „erstaunlich“, dass nur anhand der Worte, sogar Details des Matches vor dem geistigen Auge sichtbar wurden.
Christian Teske, Kurier Burgenland, 18.5.2008
Pressestimmen
1.000 Besucher beim "Entscheidungsspiel"
Das Mattersburger Pappelstadion als Schauplatz einer sportlich-literarischen Premiere: Am Freitagabend ging das "Entscheidungsspiel" von Siegmund Kleinl inszeniert von Peter Wagner vor mehr als 1.000 Besuchern über die Bühne.
Sportler als Hauptakteure
– Die Besucher der Uraufführung des Fußballdramas "Entscheidungsspiels" erlebten die SV Mattersburg Amateure in einer ungewohnten Rolle: Die Sportler waren die Hauptakteure bei der Inszenierung.
Kampf zweier ungleicher Gegner –
Im Fußballdrama geht es um den Kampf zweier ungleicher Mannschaften: Sie treffen in der letzten Runde der Meisterschaft aufeinander. Die Startruppe des FC Magnat muss auswärts gegen den abstiegsgefährdeten FC Cor gewinnen, um Meister zu werden. Der FC Cor muss siegen, um den Klassenerhalt zu schaffen.
Poetische Abwehrschlachten –
Die Spieler nahmen bei der Aufführung hinter einer transparenten Leinwand mitten am Spielfeld Platz. Sie beschrieben, was auf dem Fußballfeld und im Inneren der Spieler abläuft. Sprachduelle, literarische Fallrückzieher und poetische Abwehrschlachten - die Kontrahenten schenkten einander - verbal - nichts. Und Tore fielen dabei auch.
Film-Theater-Installation
– Regisseur Peter Wagner hat Kleinls Text in eine 127 Minuten lange Film-Theater-Installation umgesetzt. Inspiriert von Interviews mit den Spielern entstand in rund 30 Drehtagen an 20 Orten im ganzen Burgenland ein opulenter Film.
Fußballer, Germanisten & Lehrer
– Insgesamt beteiligten sich am Projekt etwa 40 Personen, darunter 15 aktive Fußballer sowie elf Germanisten und Lehrer.
Unterstützt wurde das Projekt unter anderem vom Land Burgenland, dem Landesschulrat und dem Tourismusverband Mattersburg. Der Text "Entscheidungsspiel" von Siegmund Kleinl ist auch als Buch unter diesem Titel erschienen.
orf.at, 17.5.08
Grenzen der Sprache und des Spiels
Theatralische, filmische und komische Aspekte des Kulturrahmens der EURO 2008
Wien/Mattersburg - Was hätte dagegen gesprochen, nationale und internationale Schriftsteller ins EM-Rahmenprogramm zu laden, damit die dort tun, was sie am besten können: schreiben?
Was aber spricht dafür, nationale und internationale Schriftsteller nach Wien zu laden, damit die dann tun, was jede Wirtshausmannschaft auch tut: kicken?
Wie auch immer: Am Freitag beginnt auf dem Sportclub-Platz jene Literaten-EM, die man sich gerne verbalisiert vorgestellt hätte. Als ein Buch, das auf einzigartige Weise vom Fußballfest erzählt.
Während sich ab heute also in Wien die Dichter ums ballesterische Dilettieren kümmern, kümmern sich ein paar Kilometer weiter südlich ab 21 Uhr die Kicker ums mimische Dilettieren.
Im Mattersburger Pappelstadion agieren die Burschen der Amateure aus der Regionalliga als Schauspieler und versuchen, was die Dichter in Wien wie zum Hohn verweigern: das Spiel in Worte zu fassen.
Verfasst hat den Text der schreibende Ex-Kicker Siegmund Kleinl, inszeniert hat das "Entscheidungsspiel" Peter Wagner, der die jungen Fußballer aus dramaturgischen Gründen auch ins Filmgenre dirigiert hat. Das auch insofern auf der Hand lag, als die Aufführung aus Gründen, die hier aus Nachvollziehbarkeitsgründen als "Gründe" stehenbleiben müssen, ein singuläres, auf den heutigen Freitag beschränktes Ereignis bleibt. Was umso erstaunlicher ist, als die Geldgeber, Verantwortlichen und künstlerischen Antreiber nicht ganz zu unrecht von einer "Welturaufführung" reden. Aufs Theater habe es der Fußball nämlich noch nirgends gebracht, Claus Peymann hat davon ja bloß geredet.
Aber es mag sein, dass durch dieses Reden auch ein gewisser Andreas Hackstock auf den Geschmack gekommen ist. Der ist nicht nur Turn- und Deutschlehrer, sondern vor allem auch Trainer der SVM-Amateure. Und als solcher wirft er den hochkomplexen Schreiber Kleinl und die Theaterpranke Wagner mit keineswegs verhüllten Hintergedanken in die ballesterische Pädagogenschlacht.
Ludwig Wittgenstein heruntergebrochen aufs Kicken: "Die Grenzen der Sprache eines Spielers", glaubt oder weiß Andreas Hackstock, "sind oft die Grenzen seiner Leistung." Wie beide Grenzen verschoben werden, lässt sich auch nach Premiere und Derniere in Wagners Film beobachten.
Fußball und Film gibt es heute Abend auch im Wiener Gartenbaukino. Österreichische und Schweizer Filmemacher produzierten elfminütige Kurzfilme. Eine Konzentration des Schusters auf seinen Leisten, der den Dichtern nur zu wünschen gewesen wäre.
Fußball und Theater bietet heute ab 20.30 Uhr auch die Rapidheimstatt. Im Hanappi-Stadion steigt die Festwochen-Premiere "Das Wunder von Córdoba". Nicht Hans Krankl wird darin geigen, sondern der Pantomime Massimo Furlan.
Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 16. Mai 2008
"Entscheidungsspiel" im Burgenland
Länge: 2:14 min
"Ein Fußballdrama als literarische Film- und Theaterinstallation", heißt es in der Ankündigung zum "Entscheidungsspiel". Als Handlungsgrundlage verwendet Siegmund Kleinl ein Match zwischen zwei fiktiven Mannschaften. Der FC Magnat will Meister werden, der FC Cor kämpft gegen den Abstieg.
Kleinls hochkompliziertes Text-Konstrukt steckt voll intellektuellem Wortwitz. Als herkömmliches Theaterstück mit Fußballern als Laiendarstellern ließ sich das nicht realisieren, sagt Peter Wagner. Er hat deshalb in 30 Drehtagen filmische Zuspielungen geschaffen, die das Live-Spiel im Stadion ergänzen werden.
Die Voraufnahmen waren für Regisseur und Fußballer eine besondere Herausforderung. Peter Wagner bemühte sich zwar um die Erschließung des Wortsinns, ließ jedem einzelnen aber seine individuelle Sprachfärbung.
Bislang gab es Essays, Romane, Erzählungen und Gedichte über den Fußball. Jetzt gibt es auch ein Theaterstück. Den Text zum Fußballdrama gibt es in der Edition Lex Liszt auch in Buchform.
Kulturjournal ORF Ö1, 15.5.08 - Eva Hillinger